Intelligente Krimis aus Tibet
Eliot Pattisons Krimis sind mehr als spannende Romane: Sie sind eine Anklage gegen das chinesische Regime, das Tibet überfallen hat und die tibetische Kultur systematisch zerstört. Zentrale Figur seiner Krimis ist Shan, ein Chinese, ehemaliger investigator aus Beijings höchten Kreisen, der in Ungnade fiel und im tibetischen gulag landete. Man sollte bei dieser Reihe mit dem ersten Band beginnen, um den Ereignissen folgen zu können. Shan wird zwar entlassen, ist aber ein Illegaler, ein outlaw, genau wie Lokesh und Gendun, tibetische Mönche auf der Flucht vor der chinesischen Public Security. Tibet verändert Shan. Und Pattisons Bücher verändern mich. Auch dieser fünfte Teil fesselt mich und bedrängt mich dermaßen, dass ich nachts von den Ereignissen im Buch träume.
Diesmal gelangen Shan, Lokesh und Gendun in das entlegene Dorf Drango auf dem Berg des Drachen. Hier leben die Tibeter in nächster Nähe zu illegalen Bergarbeitern, die Gold aus dem Berg abbauen. Mehrere grausame Morde sind auf dem Berg geschehen – doch der Amerikaner Hostene, der vermeintliche Schuldige, war nicht der Täter. Shan soll den wahren Mörder finden – und er hat nicht viel Zeit. Eliot Pattison ist ein Meister darin, Spannung aufzubauen. Viele Geschehnisse in seinen Büchern sind roh und brutal. Gleichzeitig legt er eine Sanftheit in manche Worte, dass man Gänsehaut bekommt. Es gelingt ihm, mir eine völlig fremde Lebensweise und eine einzigartige, beinahe völlig zermürbte Kultur nahe zu bringen.
Eliot Pattison unterhält und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Selten hat mich ein Autor derart berührt und traurig gemacht. Lange, nachdem ich eins seiner Bücher gelesen habe, beschäftigt es mich noch. Er erhebt den Zeigefinger, natürlich, aber er tut es indirekt, indem er den Alltag der Tibeter zeigt – wie er unter der chinesischen Herrschaft ist. Ich ziehe den Hut vor seinen Büchern, weil sie mir einfach so unter die Haut gehen.
Lha gyal lo – Victory to the Gods.