Vom Anderssein und Ausgestoßenwerden
Evas Geburt beginnt unter keinem guten Vorzeichen: Und das ist bezeichnend für den weiteren Verlauf ihres Lebens. Sie wird mit langen, feinen Haaren am ganzen Körper geboren, die nicht – wie der Vater hofft – ausfallen, sie sind überall, im Gesicht, an den Händen, am Rücken, am Bauch. Ihre ersten Jahre verbringt Eva in großer Einsamkeit, nur manchmal wird sie aufgespießt von neugierigen Blicken. Das Alleinsein ist schlimm – aber als sie endlich in Kontakt mit Menschen und anderen Kindern kommt, da wird es noch viel schlimmer.
In Das Löwenmädchen erzählt Erik Fosnes Hansen eine Geschichte über eine Außenseiterin, die von der Gesellschaft keine Chance bekommt, sich zu integrieren. Wunderbare Elemente verwebt Hansen zu einem dichten Netz, in dem die kleine haarige Eva, das Löwenmädchen, gefangen ist. Sie hat viele Talente, Wünsche und Sehnsüchte, aber die Realität schiebt ihr immer wieder einen eisernen Riegel vor. Das Löwenmädchen ist ein Buch über Ausgrenzung und Hoffnungslosigkeit, Alleinsein und die groteske Faszination der Menschen an „Missgeburten“. Manche Formulierungen muss ich drei Mal lesen, so schön sind sie – zum Beispiel: „Sie legte ihre Lippen auf seine und begann, sein Lächeln aufzuessen.“
Am Anfang dauert es lange, bis ich in dieses Buch hineinfinde, mich irritieren die verwirrenden Stellen, die Fragen, die dazwischen eingeworfen werden – vermutlich von Eva selbst, die das Geschehen aus der Distanz und später zu beobachten scheint. Der Autor wechselt häufig die Perspektive, er lässt Eva in der Ich-Form erzählen und springt dann wieder in die dritte Person – das mag vielleicht einen Grund haben, den ich nicht erkennen kann, aber ich bin für solche Späße nicht zu haben. Womöglich bin ich ein unflexibler Leser, aber es gefällt mir einfach nicht. Das ist allerdings der einzige Schwachpunkt dieses ansonsten lesenswerten und soghaften Romans. Während mich die Geschichte zu Beginn nicht so richtig fesseln kann, lässt sie mich am Ende nicht mehr los und ich muss immer wieder daran denken. Definitiv ein Roman, den man – ausnahmsweise – einmal nicht so schnell vergisst.