Über die Freundschaft, die Liebe und das Leben
Es sind die großen Themen, mit denen sich der ungarische Schriftsteller 1942 in seinem Roman Die Glut auseinandergesetzt hat: Es geht um die Freundschaft zwischen zwei Männern, um Verlust und Verrat. Seit 41 Jahren wartet Henrik darauf, dass Konrad zurückkehrt – dieser ist am 2. Juli 1899 überstürzt nach einem gemeinsamen Abendessen aufgebrochen und aus Henriks Leben verschwunden. Seit Jahrzehnten fragt er sich nun, was geschehen ist – und welche Rolle seine Frau Krisztina dabei gespielt hat.
Ein halbes Leben vergeht, bis die ehemals besten Freunde einander wiedersehen – die Monarchie ist zerbrochen, das 200 Jahre alte Schloss von Henrik ist zerfallen, ein Krieg hat begonnen und wieder geendet. Nun endlich erhält Henrik Antworten auf seine Fragen – und berichtet uns in einem langen, aber nicht langatmigen Monolog vom Wesen der Freundschaft. Sándor Márai, der sich im Alter von 89 Jahren das Leben genommen hat, war ein meisterhafter Beobachter. Schon in Wandlungen einer Ehe hat er mich mit seinen pointierten und scharf gezeichneten Analysen der Welt begeistert.
Die Glut ist ein lebenskluges, nachdenkliches und wahres Buch, das eine klischeehafte Situation, wie es sie tausendfach gegeben hat und gibt („Zwischen zwei Menschen, zwischen einer Frau und einem Mann, sind das Warum und das Wie sowieso immer beklagenswert gleich“), bis ins Detail durchleuchtet und als schillerndes Kaleidoskop präsentiert – voller trauriger, tiefgründiger und lesenswerter Gedanken. Es ist ein Tag, ein Ereignis, ein Gefühl, das eine ganze Zukunft beeinflusst und dazu führt, dass ein Mensch 41 Jahre lang darauf wartet, sterben zu können. Márai beschreibt diesen Seelenzustand ohne Pathos, aber mit Stil.