Kurzgeschichten ohne Pfiff
Ab und zu lasse ich mich überzeugen, etwas zu lesen, von dem ich eigentlich denke, dass ich es nicht mag: in diesem Fall Kurzgeschichten. Und leider hat die vielgelobte Alice Munro meine Abneigung bestätigt und verstärkt. Ich hab mir von ihr viel – womöglich zu viel – erwartet, da sie mir bereits mehrfach empfohlen wurde. Aber schon bei der ersten Geschichte bin ich enttäuscht und weiß, dass Munro und ich keine Freundinnen werden. Ihr Stil ist mir zu platt, große Ereignisse werde banal dargestellt und auch in sprachlicher Hinsicht ist Tricks nicht gerade ein Highlight.
Alle Geschichten haben eine Frau im Mittelpunkt – einer davon, Juliet, folgen wir über mehrere Sequenzen, zwischen denen viele Jahre liegen. Wohin die kurzen Episoden führen und was sie mir eigentlich sagen sollen, kann ich nicht ergründen. Ebenso schwer fällt es mir, mich mit diesen verschiedenen Frauen zu identifizieren. Alice Munro schreibt angenehme Geschichten, die mir aber viel zu wenig Tiefe haben. Ich stelle erneut fest, dass mir auch hier fehlt, was mir bei Kurzgeschichten immer fehlt: Die Charaktere sind zu unklar gezeichnet, die Ereignisse hängen in der Luft ohne Verankerung in der Vergangenheit und/oder Zukunft.
Munros Stil ist zudem nicht unbedingt altmodisch, aber doch etwas umständlich. Formulierungen wie „sie hatte nicht die Traute“ oder „ihr Speiseplan war ausreichend nahrhaft“ finde ich extrem gestelzt (hier könnte der Schwarze Peter aber auch bei der Übersetzerin liegen). Insgesamt finden sich einige interessante Aspekte und originelle Settings in diesen Kurzgeschichten, aber ich bin nicht überzeugt – ich könnte jetzt, nach nur zwei Wochen, nicht einmal eine einzige Geschichte nacherzählen. Sie sind mir nicht im Gedächtnis geblieben.