Martin Mosebach: Der Mond und das Mädchen

Schwierigkeiten einer jungen Ehe
Gerade erst haben Hans und Ina geheiratet, wenig später sucht er in Frankfurt eine neue Bleibe für das junge Paar. Das Richtige zu finden, ist nicht einfach, und so geht er immer mehr Kompromisse ein – bis er eine Dachgeschoßwohnung in einer lauten und unfeinen Gegend mietet. Zuerst scheint es, als würde es Ina nichts ausmachen, dass der Start in das gemeinsame Leben nicht in einer Wohlfühlumgebung stattfindet. Schnell aber zehrt das ungemütliche Umfeld an den Nerven der beiden. Hans muss viel arbeiten, Ina ist allein – aber auch ungesellig, denn zu den Nachbarn, ebenfalls ein Paar, will sie nicht mitkommen, auch nicht zu den abendlichen Trinkrunden im Innenhof, bei denen der zwielichtige Hausmeister Souad aus Äthiopien federführend ist. Nicht unbedingt hilfreich für die Harmonie in der Beziehung zwischen Ina und Hans ist Inas nervtötende Mutter Frau von Klein. So entgleitet den beiden sehr schnell das, was sie für eine gute Ehe halten.

Die antiquierte Sprache des mehrfach preisgekrönten Schriftstellers Martin Mosebach und das Cover erwecken den Eindruck, die Geschichte von Der Mond und das Mädchen spiele in einer längst vergangenen Zeit, doch sie ist in der Gegenwart angesiedelt. Geradezu verblüffend ist, wie der Autor sich in winzige Details verbeißen kann, wie er Autoabgase als „gewürzhafte Fülle“ beschreibt und wie er die „enterotisierende Wirkung von Eheringen“ schildert. Inhaltlich gibt die Handlung nicht viel her: Hans und Ina entfremden sich mit einer Geschwindigkeit, die fast schon absurd wirkt. Dabei wundert es mich, wie das möglich ist, denn die beiden sind bereits seit fünf Jahren zusammen – über ihre Beziehung vor der Hochzeit erfahren wir allerdings nichts. Es entsteht der Eindruck, als hätten sie einander erst vor dem Altar kennengelernt – und stellten jetzt fest, dass sie überhaupt nicht zueinander passen. Sie sind übersensibel und empfindlich, sie schieben der hässlichen Wohnung die Schuld an ihrem Unglücklichsein zu, wobei ich diese Mängel der ehelichen Unterkunft kaum ernst nehmen kann. Sollte es bei wahrer Liebe nicht – zumindest ein wenig – egal sein, wo man haust, überhaupt, wenn es nur auf Zeit ist?

Die Story ist ein wenig aufgeblasen, aber: Die Sprache ist schön, exaltiert, detailgenau, herausragend und einzigartig. Martin Mosebach findet elegante Metaphern, er lässt seinen Stil schillern und beleuchtet ein junges, uninteressantes Paar und die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung für einen Moment. Das sind 180 Seiten voller ungewöhnlicher Beschreibungen, wie man sie selten findet.

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