Über einen, der keinen Platz findet im Leben
Lewis ist als Einziger dabei, als seine lebenslustige, unkonventionelle Mutter ertrinkt. Das Trauma wirft ihn völlig aus der Bahn – und es ist niemand da, der ihm beisteht. Sein Vater Gilbert steht dem Verlust seiner Frau hilflos gegenüber und kann nicht umhin, Lewis die Schuld daran zu geben. Er schiebt ihn ab ins Internat, die beiden sprechen kaum miteinander. Und so wundert es nicht, dass Lewis in eine Abwärtsspirale aus Selbsthass und Selbstverletzung gerät, dass er keinen Zugang mehr findet zu Gleichaltrigen und dass er, um seinen Schmerz zu dämmen, gewalttätig wird und seine Zerstörungswut auslebt. Als Lewis mit der jungen, hübschen Alice eine Stiefmutter präsentiert bekommt, gerät er endgültig aus dem Gleichgewicht.
Der Außenseiter ist das Porträt eines heranwachsenden Jungen, der leidet und dem niemand hilft. Er kann den Tod seiner Mutter nicht verwinden, er wird abgeschoben und kommt nicht zurecht. Es liegt nahe, dass er sich in Alkohol flüchtet und einer von denen wird, die sich alles erlauben, weil sie jegliche Grenze längst überschritten haben. Leider steckt dahinter aber auch nicht mehr: Es ist ein sehr klassisches Schicksal, das Sadie Jones hier skizziert. Lewis fährt auf einer vorgefertigten Schiene und verlässt sie nicht, er tut vorhersehbare Dinge und so wird aus diesem – teilweise recht eindrucksvollen – Roman schlussendlich doch nur ein 08/15-Buch. Mit ihrem Stil überzeugt die Autorin nur bedingt, abgeschmackte und blutleere Formulierungen wie „Er wusste selbst nicht, was es war, aber irgendetwas war da“ entlocken mir eher einen Seufzer als ein zufriedenes Lächeln. Für mich war es schwer, über 400 Seiten lang ununterbrochen Mitgefühl aufzubringen, ich fand es stellenweise anstrengend, den Figuren auf ihrem Weg, der nur nach unten führt, zu folgen. Der Außenseiter ist ein deprimierendes, bedrückendes Buch, das sich nicht von Stereotypen befreien kann. Und wenn ein Vater seine Tochter schlägt, kann ich nicht anders als zu denken: Nicht DAS schon wieder. Mag sein, dass ich abgestumpft und sattgelesen bin. Aber ein Meisterwerk ist dieses Buch für mich nicht. Wer sich jedoch einlassen will auf diesen Strudel aus Verzweiflung und Gewalt, sei herzlich dazu eingeladen.