Vom Tod und dem Leben danach
Lenes Freund Tim wird überfahren und getötet. Unter Schock steigt Lene ins Auto, sie will nur noch weg. Ihre beste Freundin Tonia begleitet sie auf diesem Roadtrip quer durchs Land und quer durch die Gefühle. Was bleibt zu tun, wenn das Unaussprechliche geschehen ist? Wie kann man darüber reden, wie kann man Tag für Tag die Augen öffnen und einfach weiterleben? Lene und Tonia stehen vor einer Hürde, die nicht zu überwinden scheint – und sie laufen weg, um erst einmal Luft holen zu können, um nichts Vertrautes sehen zu müssen. Tonia geht in ihrer Freundschaft zu Lene und der Pflicht, ihr beizustehen, an ihre Grenzen. Und am Ende ist die Trauer, der Lene entkommen will, immer noch da.
Elisabeth Rank findet eine Sprache für das, was man nicht sagen kann: wie weh es tut, wenn man jemanden verliert, den man liebt. Zwar bleibt Überflüssiges nicht aus, doch ihr Stil ist feinfühlig, deutet an, gibt der Fantasie einen Pfad vor. Manchmal sagt das Leben: Friss – es kümmert sich nicht, es schüttet das Unglück aus über uns. Das passiert Lene, und ihre Freundin Tonia, die aus der Ich-Perspektive erzählt, wird mitgerissen. Die Geschichte in ihre Hände zu legen, ist ein kluger Schachzug, führt aber auch dazu, dass alle Einblicke in Lenes Gemütszustand nur von außen kommen können. So muss man als Leser viel erspüren, was man nicht direkt erfahren kann. Tonias eigene Beziehung zu Friedrich wird durch die Ereignisse infrage gestellt, auch für sie hat Lenes Leid Konsequenzen. Und im Zweifel für dich selbst ist ein großartiges, ein seltenes Buch. Ich mag das Unaufgeregte, das Lässige, das Junge, was Kritiker dazu bringt, den Roman ein „Generationenporträt“ zu nennen. Ein wenig schade ist, dass Elisabeth Rank über ein, zwei Klischees stolpert und Lene und Tonia beispielsweise ans Meer fahren lässt – was nun wirklich bei jedem 08/15-Roadtrip das Ziel ist. Trotz kleiner Schwachpunkte ist dieses Debüt eindrucksvoll, gelungen und ebenso traurig wie wunderschön.
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