„Wär ich ein Feuer, verbrennte ich die Welt“
Sie sind scheinbar verschieden: der junge Gregorj, immer auf der Jagd nach einer schönen Frau, dynamisch und erfolgreich, und der ältere Nerbal, dem Alkohol verfallen, desillusioniert und müde. Doch eigentlich sind sie eine Person: Dante Maria Franzetti nämlich. Der preisgekrönte Schweizer Autor hat eine ungewöhnliche Autobiografie geschrieben: In einem fiktiven Zwiegespräch unterhalten sich Greorj und Nerbal über ihrer beider Leben, das dem von Franzetti sehr nahe kommt. Frauen sind ein zentrales Thema, ebenso wie Alkohol und die Schriftstellerei. Die Kindheit in der Schweiz wird in ein heimeliges, aber auch beängstigendes Licht getaucht, das Totenglöcklein läutet gar so oft. Übrig bleibt am Ende nur die Hoffnung, nie so zu werden, wie man längst geworden ist.
Mit den Frauen ist ein nachdenkliches, ein irritierendes und ein höchst aufreibendes Buch. Anfangs wundert man sich, wer die beiden Männerfiguren eigentlich sind, die da so über räumliche Hindernisse hinweg miteinander in Dialog treten, denn die Erkenntnis, dass es sich vermutlich um erfundene innere Stimmen des Autors handelt, kommt erst nach etwa einem Drittel des Buchs. Es wird dem Leser viel Aufmerksamkeit abverlangt, denn „ich“ kann in diesem Roman jeder sein, Nerbal meistens, der Autor oft. Plötzlich distanziert er sich von seinem Werk, hebt sich heraus, berichtet, dass er gerade im Café sitzt und diese Zeilen formuliert: „Ich aber, der ich an euch arbeite und über euch schreibe, Nerbal und Gregorj, sitze im Restaurant Alle tre Poste in Rom …“ Ich muss gestehen, dass diese Einschübe mich immer wieder aus der Lesebahn geworfen haben, vielleicht bin ich dafür zu unflexibel, vielleicht haben in meinen Augen Gregorj und Nerbal dadurch ihre Daseinsberechtigung verloren.
Es gab immer viele Frauen in Gregorjs/Nerbals/Dantes Leben, sie haben ihn verführt, ihn getröstet, ihn unterstützt und sich von ihm benutzen lassen. Mit den Frauen ist daher in indirekter Weise ein Buch über die Begleiterinnen eines Mannes, der augenscheinlich ein – trotz aller Hinweise auf Ausschweifungen – beschauliches Dasein führt. Die Kost ist schwer, der Stil recht abgehoben und philosophisch, die Sätze sehr lang. Die Dreiteilung in der Figurenzeichnung hat etwas Schizophrenes, mit dem ich nicht gut zurechtkomme. Ich wünschte mir klarere Verhältnisse, eine nachzuvollziehende Handlung, eine Prämisse. Zudem gerate ich in Versuchung, anmaßend zu fragen, ob Dante Maria Franzettis Person und Erlebnisse interessant genug sind für ein Buch. Beantworten lässt sich das vielleicht mit seiner eigenen Formulierung: „Jedes Buch geht zu Ende, und dann legt man es weg und vergisst es.“
Mit den Frauen ist erschienen im Haymon Verlag (ISBN 978-3-85218-565-1, 19,90 Euro).