Ein Haus, neun Bewohner und ein Mord
Ein junges Pärchen zieht zusammen in ein Haus, das sich vor allem durch die ungünstige Lage direkt an einer Hauptstraße und über einer U-Bahn auszeichnet, durch den kleinen Garten – und durch seine Bewohner. Da gibt es den zurückhaltenden Cellisten Jeff, die Kinderärztin Conny mit der schrillen Stimme, die dauernd Schneckenhäuser malt, drei Studenten, die niemand je zu Gesicht bekommt, und Gerd und Agnes. „Alle, alle mochten Agnes“, und der Ich-Erzählerin geht es nicht anders, sie besucht Agnes in ihrer mit Grün zugewucherten Wohnung, staunt über ihre Güte und Ruhe, trinkt Kaffee, versucht sie aus der Reserve zu locken, schafft es aber nie. Und dann, neun Monate später, ist Silvester – und Agnes ist tot.
Ohren haben keine Lider ist ein einfacher Unterhaltungsroman, der dem Leser ein paar vergnügliche Stunden schenkt. Zwar ist dieses Buch nicht unbedingt heiter, aber es erzählt auf nicht hochtreibende Weise von einem Haus, einer absoluten Bruchbude, von seinen verschiedenen Bewohnern, von einer jungen Beziehung und von einem rätselhaften Todesfall, der allerdings erst ganz zum Schluss in den Mittelpunkt rückt. Dann wechselt nämlich die Perspektive, die Ich-Erzählerin wird von außen abgebildet und man erfährt, wie es ihr in den 15 Jahren nach Agnes‘ Tod so ergeht im Leben. Das ist einerseits spannend und originell, andererseits ein wenig abgehackt. Was den Mord betrifft, so darf man sich über seine Auflösung nicht zu viel erwarten, denn ein Krimi ist dieses Buch nicht.
Vielmehr besticht es durch seinen angenehmen Lesefluss, der weder verstört noch aufschreckt, die Ereignisse sind wie an einer Schnur ausgebreitet, die Personen als erkennbare Charaktere gezeichnet. Ein wenig irritierend ist, dass die Ich-Erzählerin und ihr Freund so dermaßen planlos in den Tag hineinleben, dass einem beim Zuschauen schon langweilig wird – sie tun nichts, haben gerade die Matura hinter sich gebracht, leben mit Toastbrot und Wasser von ihren Ersparnissen und warten den ganzen Tag zuhause darauf, dass ihr Leben beginnt. Kein Wunder, dass sie sich dabei so sehr für ihre Mitbewohner zu interessieren beginnen. Wer mit wem und warum? In diesem Buch geht es um kleine Spielchen und große Langeweile, es hinterlässt keinen bleibenden Eindruck und ist ein netter Freizeitroman für zwischendurch.