Aline Sax: Eine Welt dazwischen

Das Leben ist ein Abenteuer
So war das nicht geplant: Als der junge Adrian aus Belgien in New York ankommt, ist er allein, ohne seine Eltern und seinen Zwillingsbruder Alexander. Er kennt niemanden in dieser großen Stadt, die schon im Jahr 1910 solche Ausmaße besitzt, dass ein Junge in ihr verloren gehen kann. Doch Adrian hat Glück: Nachdem man ihm seine letzten Habseligkeiten gestohlen hat, findet er einen Job in einer Hotelküche und einen Freund, den sympathischen Jack, der Adrian bei sich wohnen lässt. Doch bald stellt Adrian fest, dass seine Gefühle für Jack über reine Freundschaft hinausgehen – und das stürzt ihn in Hilflosigkeit und Verwirrung.

Eine Welt dazwischen erzählt von einem Jungen, der ohne Vorwarnung auf sich allein gestellt ist in einem Land, in das er gar nicht wollte, dessen Sprache er nicht beherrscht und wo er fast umkommt vor Einsamkeit. Adrian fühlt sich ohne seinen Zwillingsbruder Alexander wie ein halber Mensch, und er spart jeden Cent, um seinem Bruder irgendwann eine neue Schifffahrkarte kaufen zu können. Doch als er Jack kennenlernt, verschieben sich seine Prioritäten, er entdeckt schöne Seiten an der verhassten Stadt New York, er lernt Englisch, lebt sich ein und findet sich immer besser zurecht. Und dann entdeckt er ein Geheimnis in ihm selbst, das mit viel Gefühl und Zuneigung zu tun hat – er verliebt sich in Jack, und das schockiert ihn zutiefst, denn Homosexuelle haben zu jener Zeit keinen guten Stand, gleichgeschlechtliche Liebe ist per Gesetz verboten. Scham und Angst machen Adrian schwer zu schaffen – und wie er lernt, damit umzugehen, schildert Aline Sax auf eindringliche und einfühlsame Weise.

Aline Sax hat das Thema Homosexualität und Coming-out in einen ungewöhnlichen Rahmen gestellt: New York im Jahr 1910, Ziel Abertausender Immigranten, ein wahrer Meltingpot an Nationaliäten und Weltanschauungen. Ich finde sowohl die Themenwahl als auch diese Kombination mit einer klassischen Einwanderergeschichte sehr interessant und originell. Ihr Held Adrian ist ein schüchterner, ratloser junger Mann, der von einem Tag auf den anderen erwachsen werden und eine Antwort auf die Frage finden muss, wie er leben will. Dass Eine Welt dazwischen ein Jugendbuch ist, wusste ich zu Beginn nicht, und man merkt es auch nur, wenn man aufmerksam darauf achtet. Mit anderen Worten: Dies ist ein sehr erwachsenes, kluges Jugendbuch, das die Herausforderung schildert, mit dem eigenen Anderssein klarzukommen und mutig zu sein. Ein gut erzähltes Einzelschicksal, das Einblick gibt in die Gefühlswelt eines homosexuellen Jugendlichen.

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