Catalin Dorian Florescu: Der Mann, der das Glück bringt

Florescu.JPG„Es kommt nicht darauf an, wer du bist, sondern nur, wer du vorgibst zu sein“
New York, 1899. Ein kleiner Junge schlägt sich durch: Er versucht Zeitungen zu verkaufen, putzt Schuhe, singt für die Huren und hofft jeden Abend, dass er genug Cent beisammen hat, um einen Schlafplatz im Heim und was zu essen zu ergattern. Mit den Gleichaltrigen gibt es keinen Zusammenhalt – wer etwas hat, das ein anderer will, wird verprügelt. Besonders im Ghetto sterben die Menschen im Stundentakt – und werden mit dem Totenschiff weggebracht. Der Junge, der sich später Berl und dann Paddy nennt, beschließt, niemals auf diesem Schiff zu landen – auch wenn er dafür Dinge tun muss, die er nie mehr vergessen wird. Elena dagegen, die in Rumänien in einem Donaudelta aufwächst, das man so gut wie gar nicht verlassen kann, würde alles geben, um nach Amerika zu gelangen. Doch eine schreckliche Krankheit macht alle Pläne zunichte. Erst viele Jahrzehnte später haben die Enkel dieser beiden Menschen die Chance, eine Art Erlösung zu finden.

Catalin Dorian Florescu in Rumänien geboren und hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, von denen mich 2011 Jacob beschließt zu lieben sehr berührt hat. In seinem neuesten Buch öffnet er die Türen zu zwei Welten: zum alten, frostigen New York, einer Stadt voll Armut, Hunger und Elend, sowie zu einem winzigen rumänischen Dorf an der mitleidslosen Donau. Ein Mädchen und ein Junge, die Tausende Kilometer voneinander entfernt sind, versuchen zu überleben. Sie werden einander nie kennenlernen – ihre Enkel Ray und Elena jedoch schon. Als die Zeiten anders sind, als es keinen Eisernen Vorhang mehr gibt, dafür aber Flugzeuge, scheint die Entfernung zwischen diesen beiden Kontinenten nicht mehr unüberwindbar. Genau dasselbe liegt für die inneren, menschlichen Unterschiede. Diese Annäherung kann vielleicht Versöhnung bringen für die Vorfahren.

Die Geschichte von Der Mann, der das Glück bringt ist schön. Sie ist wild, spannend, melancholisch und originell. Eine prächtige Vielfalt an Details springt mich an, und Catalin Dorian Florescu ermöglicht mir eine Zeitreise in ein über 100 Jahre altes New York, über das er sorgfältig recherchiert hat. Ebenso lebendig sind seine Schilderungen des Lebens in Rumänien, das entbehrungsreich ist und hart, voller Sehnsucht und Enttäuschung. Manch sprachlicher Schnitzer und so einige Wortwiederholungen seien ihm angesichts der prallen, fesselnden und absolut lesenswerten Story verziehen. Ein gutes Buch lässt dich vergessen, an welchem Ort und zu welcher Zeit du dich gerade befindest. Dies ist ein solches Buch.

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Der Mann, der das Glück bringt von Catalin Dorian Florescu ist erschienen bei C. H. Beck (ISBN 978-3-406-69112-6, 327 Seiten, 19,95 Euro).

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